Verminderte Produktivitätsraten und geringerer IQ – Wie schädlich Multitasking und Stress für unser Gehirn sind und was wir dagegen tun können

Dein Kalender ist voll, du springst von Meeting zu Meeting und etwas arbeiten solltest du ja auch noch! Auf einmal sitzt du in einem Meeting (von dem du eigentlich gar nicht so recht weißt, wofür) und beantwortest nebenbei ein paar Emails oder bereitest schonmal die nächste Powerpoint-Präsentation für ein anderes Thema vor– das ist nicht nur respektlos den Kolleg*innen gegenüber, sondern führt dazu, dass du (entgegen der gefühlten gesteigerten Produktivität und Wirksamkeit) weniger leistest als du denkst. Der Fokus auf mehrere Tasks zur gleichen Zeit führt dazu, dass wir Dinge weniger gut verstehen, ungenaue Antworten geben oder Dinge vergessen werden, da sie „durchflutschen“ [1]. Fühlt sich das bekannt an? Gut, denn auch Wissenschaftler haben sich die Auswirkungen von Multitasking auf das Gehirn angeschaut und interessante Ergebnisse gefunden. Versuchen wir, ständig zwischen vielen verschiedenen Aufgaben zu switchen, verlieren wir beispielsweise bis zu 40% unserer Produktivitätsraten [2]. Doch nicht nur das – wenden wir Multitasking an, so können wir bis zu 15 IQ-Punkte verlieren, unsere Intelligenz leidet also (zumindest. partiell) unter dem Switchen zwischen verschiedenen Aufgaben [3; 4]. Es wird klar: die früher gern gesehene Gabe, Multitasking betreiben zu können, ist mittlerweile ein Risikofaktor für produktives Arbeiten. Unsere voll fokussierte Aufmerksamkeit und ein hohes Maß Produktivität sind begrenzte Ressourcen, die es optimal zu nutzen gilt. 

Risikofaktor Homeoffice

Wer im Homeoffice arbeitet, arbeitet durchschnittlich länger als er es im Büro tun würde [5]. Kaffeepausen mit Kolleg*innen fallen weg, Mittagspausen werden gerne am Arbeitsplatz gemacht und der Weg in verschiedene Besprechungsräume fällt auch weg – ideal, so können wir Termine fließend ineinander übergehen lassen und so noch produktiver sein! Oder? Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Das Hetzen von Termin zu Termin kombiniert mit dem zwischenzeitlichen Checken neuer Emails hat vor allem eins zur Folge: Arbeitende empfinden im Homeoffice mehr Stresssymptome, die mit dem Entstehen von Burnouts assoziiert sind [6; 7]. Die hier wahrgenommene erhöhte Produktivität führt also langfristig zu einer gar nicht mehr vorhandenen Produktivität, wenn Arbeitnehmende aufgrund von Burnouts langfristig ausfallen.


Wir brauchen Erholung!

Wir alle kennen das Bild von Sportlerinnen und Sportlern, die sich nach hoher Belastung in die Eistonne legen oder sich physiotherapeutisch behandeln lassen, um dem Körper eine Erholung von den Strapazen zu ermöglichen. Brechen wir uns beispielsweise den Arm oder infizieren uns mit einer Grippe, steht erst einmal Erholung auf dem Tagesplan, um wieder voll leistungsfähig werden zu können. Das unser Arbeitstag inzwischen für unser System genauso stressig geworden ist wie Hochleistungssport missachten wir oft und hetzen von einem Termin in den andern, pushen uns mit Kaffee und lassen im schlimmsten Fall sogar die Pinkelpause bleiben.

Genau wie unser Körper braucht auch unser Gehirn Zeit, sich nach großer Anstrengung wieder erholen zu können um nicht in den Zustand mentaler Ermüdung zu rutschen. Vereinfacht gesagt: Wir benötigen regelmäßig Pausen, um gute Arbeit zu leisten. In der Schule oder der Universität kennen und nutzen wir das Prinzip von Pausen noch sehr gut ehe wir dann auf dem Arbeitsmarkt plötzlich denken, stundenlang und ohne Pause durcharbeiten zu können.

Das wir uns nicht länger als 90 Minuten konzentrieren können, ehe wir eine mindestens 15-minütige Erholungspause brauchen [6], vergessen wir dabei gerne.

Was können wir also konkret tun, um unserem Gehirn Erholung zu gönnen?

1. Distraktoren minimieren:

Handy weg, Apps beenden dafür etwas für die nervöse Hand auf den Tisch.


Wenn wir unser Handy nicht auf dem Schreibtisch liegen haben und unser Mailprogramm/ Teams/ Whats App etc. einfach mal geschlossen lassen, kommen wir gar nicht in Versuchung, zwischen verschiedenen Aufgaben zu switchen. 

 

Hier können auch Stressbälle, Akupupressurringe oder ähnliches nützlich sein, die uns eine erste Impulsbefriedigung ermöglichen, ohne uns großartig abzulenken.

2. Pause ist Pause-Basta!

Regelmäßige Pausen, in denen wir uns für eine kurze Zeitspanne mit irgendetwas beschäftigen, das nichts mit Arbeit zu tun hat, helfen unserem Gehirn dabei, sich zu erholen.

 

E Mails erledigen ist keine Pause!

 

Hierzu kann beispielsweise das fokussierte Hören von Musik, körperliche Bewegung (z.B. Hampelmänner, Stretching etc.) oder der Gang ins nächste Café inklusive Schwätzchen mit dem dortigen Barista (der Agile Growth Favorit) zählen. Wichtig ist es, den Kopf während der Pause frei von Arbeit zu kriegen.

3. Arbeit nach Wichtigkeit priorisieren und klaren Fokus setzen:

Der Plan ist nichts, planen ist alles.

 

Die Zeit, in der wir am effektivsten Arbeiten können, ist beschränkt. Sich täglich als erstes Gedanken zu machen, was wir heute erreichen wollen, ist uns ein liebgewonnenes Morgenritual geworden. Dabei schreiben wir unseren Hauptfokus in den Dailykanal (obwohl wir später nochmal ein richtig Daily machen).

 

Es macht Sinn, die Arbeitsaufgaben mit der höchsten Wichtigkeit als erstes zu erledigen, wenn wir noch am leistungsfähigsten sind. Ebenso sinnvoll ist es, sich gesonderte Zeiten auszuwählen, in denen dediziert Aufgaben abgearbeitet werden, die potenziell ablenken (bspw. Emails gezielt nur 2 mal am Tag nach den Malzeiten beantworten). Eine „get shit done Stunde“ ist auch etwas, das einige Teammitglieder von uns praktizieren. Eine Stunde mit vollem Fokus, in der möglichst viele kleinteilige Aufgaben ohne Ablenkung abgearbeitet werden- wir sind immer wieder erstaunt wie viel in so einer Stunde auf „Fertig“ wandert.

[1] https://www.forbes.com/sites/curtsteinhorst/2020/02/20/how-multitasking-erodes-productivity-and-dings-your-iq/?sh=1555fb783b7e

[2] https://www.psychologytoday.com/us/blog/brain-wise/201209/the-true-cost-of-multi-tasking

[3] https://www.forbes.com/sites/travisbradberry/2014/10/08/multitasking-damages-your-brain-and-career-new-studies-suggest/?sh=1f843bc356ee

[4] Rosen, C. (2008). The Myth of Multitasking. The New Atlantis, No. 20 (Spring 2008), pp. 105-110

[5] https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-08-03/the-pandemic-workday-is-48-minutes-longer-and-has-more-meetings#xj4y7vzkg

[6] https://www.cnbc.com/2020/07/28/remote-work-burnout-is-growing-as-coronavirus-pandemic-stretches-on.html

[7] https://www.ohsu.edu/sites/default/files/2021-05/Burnout%20Working%20From%20Home.pdf

[8] https://www.bbc.com/worklife/article/20170925-the-surprising-tricks-to-help-you-focus-at-work

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