Neue Räume öffnen – Mit Open Space in agilen Transitionen

Wir sind häufig in Besprechungen. Oft mehrmals täglich. Unsere Kollegen laden uns ein, an wichtigen Themen zu arbeiten. Oder wir sie. Der Einladende entwirft eine Agenda, definiert ein Thema, stellt ein Problem zur Diskussion, möchte ein Ziel erreichen in einer vorgegebenen Zeit. Manchmal sind diese Besprechungen wirklich wichtig, oft nur teilweise informativ, manchmal versucht man aus Höflichkeit nicht zu laut zu gähnen oder gleich ganz zu entschlafen.

Ein Open Space ThemenplakatDas muss doch anders gehen. Wie wäre es, wenn wir das grundlegende Prinzip unserer Besprechungen umdrehen würden? Was passiert, wenn wir nur einen minimalen strukturellen Rahmen vorgeben und freiwillige Teilnehmer einladen, über ihre Lieblingsthemen zu reden? Wie wäre es, wenn man dabei nicht nur gehen könnte, wenn einen die Langeweile ergreift sondern sogar selbstverständlich geht, wenn man woanders mehr Beitragen kann? Und es sich dabei noch wie die längste Kaffeepause der Welt anfühlt?

Genau das ist ein so genannter Open Space:

Unter einem Open Space versteht man ein erprobtes Konferenzformat des selbstorganisierten Austausches, um in wichtigen Themen neue Ideen und Lösungen zu finden.

Seit 1985 gab es weltweit über 60.000 dieser Zusammenkünfte von manchmal nur 6 bis weit über 2.000 Personen. In allen möglichen Branchen wurden so neue Räume geöffnet für Lösungen und Innovationen.

In Deutschland trifft sich die agile Szene ebenfalls gerne auf diese Art und Weise. Denn es gibt viele Ähnlichkeiten zwischen agilem Arbeiten und einem Open Space:

Ein Facilitator erleichtert Selbstorganisation: Wie ein Agile Coach ist ein Open Space Facilitator jemand, der den Prozess sehr gut kennt und bei den Inhalten den Teilnehmern vertraut. Er unterstützt durch laterale Führung die Selbstorganisation aller, um gemeinsam bemerkenswerte Ergebnisse zu erreichen.

Open space in progress - afternoon at the Social Media Learning Lab (c) CC-BY Tatiana12Und jeder gestaltet dieses Ergebnis mit. Denn ein Open Space lebt von dem, was die Teilnehmer mitbringen sowie eine Scrum Einführung von den Zielen und Wünschen der Teammitglieder und Organisation abhängt. Ohne Leidenschaft und Verantwortungsübernahme wird agiles Arbeiten schnell fade und langweilig, jede Besprechung zur Einschlafhilfe.

Informationen sichtbar machen, um zu entscheiden: In einem Open Space visualisieren wir die Themen des Tages an einem Anschlagbrett, ganz ähnlich wie ein Taskboard eines agilen Teams. So sieht jeder alle Informationen und kann die richtigen Entscheidungen treffen.

Open Space groups, engagement (C) CC-BY Tatiana12Wir dürfen Freiwilligkeit voraussetzen. Wer bei einem Open Space teilnimmt, ist nur da, weil er es möchte. Auch zu einer neuen Arbeitsweise wie Scrum kann man niemanden zwingen, das wäre ein Anti-Pattern.

Die Intelligenz der Gruppe nutzen: Wenn viele kluge Köpfe zusammenkommen, sind Lösungen komplexer Probleme leichter. Verschiedene Perspektiven der Intelligenz der Gruppe nutzt Scrum in seinen Besprechungen und Schätzverfahren. Im Open Space nutzen wir dieses Potential voll aus.

Fazit: Agile Transformationen und Open Spaces passen von ihrer Grundhaltung hervorrgangend zusammen, was auch die oben aufgezeigten Parallelen unterstreichen. Nutzen Sie die Kraft des Open Space in Ihrem Weg zum agilen Unternehmen.

Dan Mezick, der diese Idee beim Scrum Gathering Paris darstellte, zeugt auch von positiven Erfahrungen beim Einsatz von Open Space in agilen Transitionen und bemerkenswerten Ergebnissen.

Wann hatten Sie das letzte Mal ausgiebig Zeit, mit allen Ihren Kollegen zusammenzukommen, um intensiv die Themen zu besprechen, die Ihnen am Herzen liegen? Wenn das schon eine Weile her ist, dann probieren Sie doch einmal einen Open Space bei Ihnen aus! Und wenn Sie in einer agilen Transition sind, dann erst recht.

Was keine Handtasche mit sinkender Produktivität zu tun hat

Impediment Management in AktionMein Team lag in den letzten Zügen – das Sprintende war nur noch wenige Stunden entfernt, die letzte User Story noch nicht vom Product Owner abgenommen. Konzentrierte Stille im Teamraum mischte sich mit wachsender Anspannung. Während der internen Abnahme kam er dann, der Fehler in letzter Minute. Entwicklerin Natalie und unser Product Owner saßen vor dem PC und hatten den Testfall entdeckt, der den Prozess zum Abbruch bringt. Das Review Meeting mit eingeladenen Kunden und Anwendern in nur 3 Stunden brachte besorgte Gesichter. Wir wollen ihn schaffen, diesen Sprint!

Natalie war innerlich zerrißen. Bei der Fahrradtour vor einer Woche war eine Flasche Rotwein über die Handtasche einer Freundin gelaufen. Und diese Freundin hatte nun morgen Geburtstag. Eigentlich müsste Natalie jetzt in die Stadt und der Freundin die Longchamp-Tasche besorgen, um das wieder gutzumachen. Und eigentlich müsste sie auch an der Story weitermachen, um das Team jetzt nicht hängen zu lassen.

Unser Product Owner stellte schelmisch grinsend fest:

„Das ist doch ein Impediment, oder?“

Mit dem geliehenen Audi meines Product Owners und einem befreundeten Coach auf dem Beifahrersitz fuhren wir in die Innenstadt – zwei ScrumMaster gehen eine Handtasche besorgen – absurd?! Ist das noch die Rolle des ScrumMasters? Oder das Gegenteil davon? Eine Karrikatur der Produktivitätssteigerung? Geht das nicht zu weit? Der ScrumMaster als Kerl für alles?

Während ich darüber laut nachdachte, stellte mein Beifahrer die entscheidende Frage: „Macht es Dir Spaß?“ Ich lachte: „Total!“

Wir ScrumMaster sind für die Produktivitätssteigerung von Teams verantwortlich. Die Frage die ich mir stellte, gehört zu den klassischen Fragen dieser Rolle:

„Was kann ich jetzt gerade und langfristig tun, um mein Team optimal zu unterstützen?“

Manchmal ist es die Suche der richtiImpediment gelöstgen Ansprechpartner, das Herausheben der agilen Perspektive oder die Moderation von Teamworkshops.

Manchmal sind es schwerfällige Prozesse in der Organisation, gegenläufige Interessen verschiedener Gruppen oder mangelnde Kommunikation.

Und manchmal ist es der Einkauf einer Handtasche.

Das Team hat den Sprint übrigens erfolgreich abgeschlossen.

Scrum und IT-Kanban – Zwei Wege zur Agilität im Vergleich

(c) 2012, Muenchberger Service Jam, CC-BY-NDWährend Scrum schon seit etlichen Jahren die Veränderung in den IT-Abteilungen der Welt anführt, hat sich in den letzten Jahren noch ein Weg zu mehr Agilität entwickelt: IT-Kanban. Es lohnt sich daher, die Frage zu stellen, wo beide Wege Ähnlichkeiten besitzen und auch zu erkennen, wo Unterschiede sind, um entscheiden zu können, welche Vorgehensweise besser passen kann.

Scrum ist ein Framework für die Entwicklung und Wartung komplexer Produkte in Teamarbeit. IT-Kanban ist eine Change Management Methode, die eine schrittweise Transformation einer IT-Abteilung ermöglicht. Die Richtung dieser Veränderung kann hin zu mehr Agilität sein, muss es aber nicht. Das hängt von Ihren konkreten Zielen ab.

Scrum ist eine Revolution. Eine drastische Veränderung im Unternehmen, die auf diese Weise viele Probleme auf einmal beseitigen kann und alle anderen deutlich sichtbar macht.

IT-Kanban hingegen setzt auf Evolution in kleinen Schritten. Für manche Firmen ist dieser Weg angenehmer, dafür verpasst man möglicherweise das Potenzial, das in einer radikalen Veränderung steckt.

Ein wichtiges Konzept teilen beide Vorgehen: Sie etablieren Pull-Systeme also Umgebungen, in denen die Teams selbst entscheiden, wieviel Arbeit sie annehmen wollen. Und da es bei dieser Arbeit darum geht, mit möglichst wenig Aufwand den Kunden so früh wie möglich zufrieden zu stellen, folgende beide dem Denken der Lean Production (schlanke Produktion).

Das Sichtbarmachen von Wissensarbeit ist eine weitere Stärke, die beide Vorgehen nutzen: Durch Taskboards werden die in Arbeit befindlichen Aufgaben sichtbar und transparent für alle: Fortschritt wird greifbar.

(c) 2012, Muenchberg Service Jam, CC-BY-NDEin wichtiges Ziel ist eine optimierte Wertschöpfungskette. Das Mittel dazu die Etablierung einer Kaizen – Kultur durch Inspektion und Adaption.

Während Scrum dazu feste Iterationen als eine Art „Projekt-Herzschlag“ einsetzt, folgt IT-Kanban dem Fluß der Arbeit durch das System: Besprechungen werden durch situative Notwendigkeit einberufen.

Bei allen Unterschieden und Gemeinsamkeiten stellt sich damit die Frage, welcher Weg für Sie besser passt? Neben diesem Überblick ist die tiefere Beschäftigung mit beiden Vorgehensweisen wichtig, um die richtige Wahl für Ihre Situation zu treffen, denn der Transfer auf Ihren Kontext ist das Entscheidende.

Das klappt zum Beispiel mit einem Tagesworkshop, einer professionellen Kanban-Simulation oder auch im Selbststudium –  für den weiteren Einstieg finden Sie hier entsprechende Buchtipps.